17.02.2011 | 4:37 PM | Kategorie:
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Tag des Jahres. Über Welttage, Internationale Jahre und Dekaden.

Wer kreist um wen? Wir um Themen, die uns interessieren? Oder die Themen um uns? Gleich jährlich wiederkehrenden Himmelsereignissen, die kometengleich – einmal in ihre Umlaufbahn geschossen – uns Weisen Jahr für Jahr den Weg zeigen? Vorhersehbar wie ein Uhrwerk … Und sie bewegen uns doch!

Und zwar positiv. Das sei in diesem Beitrag von Beginn an klargestellt. Ohne einen Funken grundsätzlicher Kritik daran – wie sie von jedem Feuilletonisten, der ein wenig auf sich hält, so gern und so billig von sich gegeben wird. Denn so tickt nun einmal unsere Natur: Widmungs-PR ist nach wie vor eine der wirksamsten Kräfte im öffentlichen Themensetting. Zu Recht.

Die UNO hat das schnell erkannt. Und sich kurz nach ihrer Gründung den ersten UNO-Welttag am 31. Oktober 1947 gleich einmal selbst gewidmet. Er sollte die UNO bekannt machen und identitätsstiftend wirken. Aufgrund des Erfolges halten wir heute bei knapp 80 offiziellen UNO-Welttagen und immer schwerer zählbaren „Internationalen Jahren“ und „Dekaden“ der UNO. Warum gerade diese schwer zählbar sind? Der große Erfolg verführte zu einer gewissen Inflationsbereitschaft. Man erkannte, dass verschiedene Zielgruppen ohne gröbere Kollisionen zugleich bedienbar sind. Weshalb in einem Jahr praktischerweise gleiche mehrere „Internationale Jahre“ ausgerufen werden. So ist – nur seitens der UNO! – das Jahr 2011 das „Internationale Jahr des Waldes“ aber auch das „Internationale Jahr der Chemie“. Darüber hinaus auch noch das „Internationale Jahr der Menschen afrikanischer Abstammung“, das „Internationale Jahr der Jugend“, das „Welt-Veterinärjahr“ sowie das „Jahr der Fledermaus“. Zielgruppen, die sich im Normalfall gegenseitig nicht besonders weh tun. Wie ich und alle PR-Aktiven aus Erfahrung wissen, bewirken diese Widmungen tatsächlich viel. Die jeweils themenführenden Stakeholder stecken in jedem einzelnen Land unglaublich viel Kreativität und Energie in Bewusstheits-Kampagnen, die für die einzelnen Branchen viel Positives bewirken.

Doch tun dies neben der UNO auch noch viele weitere Organisationen, Staaten und Kulturen. Die Tage der Menschheit reichen für deren Widmungen schon längst nicht mehr.

Neu ist diese Technik nicht. Auch nicht deren inflationäre Verwendung. Jede Kultur und herrschende Religion nutzt Gedenk- und Feiertage als bedeutsame Identitätsstiftungen. So belegte die Kirche bereits seit dem 4. Jahrhundert Jahrestage mit den Namen ihrer Heiligen(-geschichten), was schnell zu Doppel- und Mehrfachbelegungen von jedem Tag führte. Nicht von ungefähr war es einer der ersten PR-Schritte der Protestanten, dieses starke Themensetting in Frage zu stellen. Auch der „Tag der Massenmedien“ ist übrigens ein 1967 von Papst Paul VI. interessant gesetzter Jahrestag.

Waren in Kulturen autochthone, wiederkehrende Festtage, wie z.B. Weihnachten oder Ostern, zu „stark“, wurden sie von Kirchen und Staaten klugerweise übernommen und adaptiert. Und die nationalen Feiertage sind auf der ganzen Welt gesetzliche Feiertage. Sie gelten in allen Staaten – mit allem Recht – als identitäts- und kulturstiftend.

Auch im privaten Bereich ist die hohe Bedeutung von Namens-, Gedenk-, Hochzeits-, diversen Jahrestagen und allen voran von Geburtstagen alles andere als gering zu schätzen, wie wir wissen. Feiern und Gedenken ist ein Zeugen von Aufmerksamkeit und Respekt, gleich den vielen jährlich wiederkehrenden Ehrungen und Awards.

So funktionieren wir nun einmal. Und so funktioniert demnach auch die PR. Es wäre zu billig an dieser Stelle scheinbar absurd-lustige Tages-Widmungen anzuführen, wie zum Beispiel den „Welt-Toilettentag“. All jene, die keine Toilette besitzen und an Typhus infiziert sind, finden den gar nicht so lustig.

Zum Themen-Überangebot an Widmungen ist es mir deshalb wichtig zu sagen: Sie sind das sichtbare Zeichen unserer Freiheit! Denn wir haben in unserer Kultur heute das große Glück in einer Freiheit zu leben, in der wir „nur“ mit PR Mitteln um Themenakzeptanz ringen.

Darüber sollten wir bei Gott nicht klagen, sondern uns freuen. Täglich.

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