17.06.2010 | 11:09 AM | Kategorie:
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Anzeigenleiter und PR-Berater

Grillstand, am Sommerfest der Schule. Es ist eine Schule, in der Eltern viel mitmachen. Meistens gewollt. Und so hatte ich das Vergnügen, vorgestern mit einem zugeteilten Vaterkollegen den diesjährigen Grillstand zu betreuen.

Die gemeinsame Herrschaft über das Feuer verbindet bekanntermaßen. Vor allem Männer. Beim Grillen. Noch dazu für ihren Nachwuchs! Kurz: Es war eine Situation, die zur absoluten Wahrheit verpflichtete. Unser unverbindliches Smalltalk-Geplänkel fand demnach rasch und in aller Freundschaft sein Ende, als wir uns beruflich outeten: Er Anzeigenleiter, ich PR Berater. Unerschrocken gingen wir daran, das Tal der Wahrheit zu durchschreiten.

Geld oder Leser

„Du bist genau der, den ich NIE am Telefon haben will“, beginne ich. „Von euch lass ich mich immer wieder in die Redaktion verbinden. Da bin ich hartnäckig. Aus Prinzip.“
„Keine Sorge“, winkt er ab. „Um PR Agenturen mache ICH immer einen großen Bogen. Ihr bringt ja doch nichts.“ „Nichts WAS?“ „Gschichten, die dem Medium nützen – also Geld oder Leser.“

Wir sehen uns an und denken nach. Unser erstes verbranntes Würstel. Wir konzentrieren uns.

Andererseits sind unsere Goldgräberzeiten vorbei, meint er. Auch in der PR Branche ist vieles im Umbruch, sage ich. Ob uns die Zukunft einmal beruflich näher bringt? Schließlich hängen wir beide an verschiedenen Enden einer gemeinsamen Wertschöpfung: Wir leben von den öffentlichen Bühnen für Unternehmen, Menschen  und Meinungen. Ich als Content- & Ideen-Lieferant für den Herrn oder die Frau Chefregisseur. Er als Verkäufer von Werbeflächen und Product Placements auf der Bühne.

Wobei ich mich leicht im Vorteil wähne: Denn meinen zweiten, vor allem bezahlten, Fuß habe ich schließlich in den Unternehmen. Ich berate sie, welche ihrer Themen auf den immer zahlreicher und kleiner werdenden Bühnen gut und gerne gespielt werden. Während der Werbeverkäufer auf möglichst große Bühnen angewiesen bleibt. Sonst stimmt die Kassa nicht mehr, von der alle leben. Und die Herrn und Frauen Chefregisseure bekommen eh schon immer weniger. Jedenfalls geht es beiden von uns um die Sicherung von Einfluss im immer stärker werdenden Autonomiebetrieb der freien Bühnen.

Soweit – so freundschaftlich. Wir verkaufen Würstel. Ohne Worte. Wir sind mittlerweile voll eingespielt.

Fachlicher Cut dieser Predigt-Geschichte:

  • US Zeitungen haben in Print und Online(!) zusammen 26% Werbeumsatz verloren (ist in Europa NOCH nicht so weit)
  • Es wird zukünftig weit mehr Plattformen und weniger (ungeteilte) Aufmerksamkeiten geben
  • Unternehmen werden zu Medien und direkten Sendern
  • Suchmaschinen steuern die neuen Aufmerksamkeiten
  • Neben den Suchmaschinen werden künftig die Sozialen Netzwerke der „zweite Wegweiser“ in der Selektion nach Relevanz sein. Also: Erstens Suche, zweitens Soziale Relevanz. Gerade auch im B2B Bereich, wie die neuesten Studien zeigen.
  • Immer mehr Info-Nischen werden von digitalen Kuratoren vorselektiert werden. Sie trennen Spreu von Weizen und leben von ihrer Glaubwürdigkeit.

Also: Alles in allem halb so schlimm. Nur etwas veränderte Bühnen für PR Berater. Für die Anzeigenleiter im Grunde wohl auch. Von wem diese in Zukunft allerdings ihr Gehalt beziehen werden, sage ich, das steht noch in den Sternen.

Da soll ich mir nur einmal keine Sorgen machen, grinst der Grillkollege. Er sei nämlich gerade abgeworben worden. Mit einem leicht unmoralischem Anbot. Das Leuchten in seinen Augen kenne ich. Gut. Und von wem? Von einem großen Netzwerker, der zuallererst sein Netz spann. Und erst danach, mitten drin, baute er erfolgreich das heute schon branchenführende Medium auf. Na bitte.

18. Juni 2010, 01:40

Die Idee dieses Thema mit einer Geschichte zu beleuchten ist super.
Gratuliere. Wortwahl und Schreibstil sind wie immer brilliant!

Zur Analyse des Medienjahres in den USA……“Alles in allem halb so schlimm. Nur etwas veränderte Bühnen für PR Berater….Vieles ist im Umbruch und ändert sich,“…das ist gut und positiv ausgedrückt, finde ich. Viele Branchen sprechen immer öfter von einer Krise die schuld ist. Kommt die Krise oder sind wir schon mittendrin?

Alles ist mit allem verbunden. Wie oben so unten, wie innen so außen (Trismestigos).
Aus Planetenkonstellationen sind auch Zeittendenzen ersichtlich. Es scheint, dass in den kommenden Jahren ein Kreuz mit dem „Großen Kreuz“ (astrologischer Begriff) auf die Gesellschaft und viele Branchen zukommt.
Weil Energie Gedanken folgt sollte das Wort Krise aber erst gar nicht gedacht werden.
Besser wäre eine „Gelassene Wachsamkeit“, sich auf Impulse die kommen werden vorbereiten, und die richtigen Vorbereitungen zu treffen. Weil Höhepunkt und Tiefpunkt gleichzeitig sind, liegt darin ja auch die Qualität eines Neuanfangs.

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