10.01.2017 | 10:18 AM | Kategorie:
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„Kräfte bündeln ist das Gebot der Stunde“

Karin Thiller, APA

Karin Thiller ist seit 1. Juli Geschäftsführerin der APA. Gemeinsam mit Clemens Pig, dem Vorsitzenden der APA-Geschäftsführung, leitet sie die Geschicke von Österreichs größtem Informations- und Technologieprovider. APA-Value hat mit ihr über die größten Herausforderungen in Zeiten des Wandels gesprochen.

Welche Rolle nehmen Nachrichtenagenturen in unserer Zeit ein?

Nachrichtenagenturen fällt in Zeiten des digitalen Wandels die Rolle als Plattform und Enabler zu. Als unabhängige News Agencys vereinigen sie die jeweils heimische Medienlandschaft an ihrem Tisch. Diese traditionell guten Beziehungen ermöglichen es, gemeinsam Projekte, Prozesse und Themen voranzutreiben, denen sich jedes Medium einzeln wohl kaum stellen würde oder könnte. Vor allem tun wir das im Bereich der Technologie und der Business-Modelle. Wir treiben also Infrastruktur-Themen, die Medien in ihrem Kerngeschäft unterstützen, und ermöglichen Projekte, wie beispielsweise den Austria-Kiosk oder die Austria Videoplattform, die den ohnedies nicht sehr großen Medienmarkt in Österreich stärken.

Und was macht die APA in Ihren Augen besonders?

Die APA ist in ihrer Diversität etwas ganz Besonderes. Rund um den Nukleus der klassischen Nachrichtenagentur hat sich in den letzten 15 Jahren eine Unternehmensgruppe entwickelt, die sich mit IT-Dienstleistungen, Services für Kommunikations-Professionals und dem Bild-Geschäft beschäftigt. Dadurch ist die APA schlagkräftig, steht stabil auf mehreren Beinen, sozusagen, und ist auch in der Lage, Cross-over-Produkte und vielen unserer Kunden einen One-Stop-Shop anzubieten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben dieses Konzept – das finde ich eine gute Basis für die Zukunft.

Welchen Themenfeldern und Aufgaben widmen Sie sich innerhalb der Geschäftsführung?

Clemens Pig und ich haben uns die Aufgaben aufgeteilt. Ich habe den Bereich Verkauf, Marketing & Produktmanagement übernommen und zeichne auch für das Informationsmanagement, also meinen früheren Bereich OTS sowie DeFacto, und das Thema „Bild“ verantwortlich. Personalentwicklung und Personalmarketing runden mein Portfolio ab. Clemens Pig übernimmt das Geschäftsfeld Redaktion, den gesamten Komplex der IT und alle Finanzbereiche.

Welche Projekte standen für Sie in den ersten Monaten in der APA-Geschäftsführung im Zentrum?

Also in den Bereichen, für die ich zuständig bin, würde ich sagen, dass die Umgestaltung der Verkaufsstruktur prägend ist. Das ist ein tatsächlich großes Projekt. Es sind Paradigmenwechsel, die wir hier vornehmen, es ist eine organisatorische Reintegration zumindest eines sehr wichtigen Bereiches. Die APA hat jetzt mehr als 15 Jahre gut funktioniert mit einer eher dezentralen Struktur, die sie bisher hatte: Die Bereiche haben sich mehr oder weniger selbstständige Kompetenzen und Konzepte aufgebaut. Wir denken aber, es ist jetzt an der Zeit, in manchen Bereichen die Kräfte wieder zu bündeln. Diese Umsetzung ist natürlich organisatorisch eine Challenge, das beginnt bei der Konzeption, geht über die offenen Fragen räumlicher und personeller Natur bis hin zur Marktaufteilung. Das beschäftigt mich derzeit am meisten.

Was ist Ihr nächster Schwerpunkt in der nahen Zukunft? 

Wir haben einige Projekte, die sich mit unseren Oberflächen und Plattformen beschäftigen, das fällt bis zu einem gewissen Grad auch in meine Zuständigkeit. Einerseits betreffen manche den Bereich Informationsmanagement,
hier beschäftige ich mich mit dem Thema „Plattformen“. Wir verfügen über verschiedene Tools, die unterschiedliche Zwecke erfüllen und sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Das ist unserer bisher dezentralen Struktur geschuldet und hatte in dieser Zeit auch seine Richtigkeit. Die neue Organisation, aber auch technologische und marktseitige Entwicklungen, erfordern nun ein Zusammenwachsen bzw. Interagieren dieser Plattformen. Wir wollen Synergien nutzen können und unseren Kunden ein integriertes Arbeiten ermöglichen. Wir beschäftigen uns also mit der Reorganisation unserer Oberflächen und fügen die gut funktionierenden Einzelteile nun zu einem sinnvollen und operativ gut handhabbaren Ganzen zusammen.

Und welche Mittelfrist-Ziele haben Sie und APA-CEO Clemens Pig sich gesetzt?

An oberster Stelle steht das Prinzip, die APA kommerziell erfolgreich zu führen. Das ist in einem sich permanent wandelnden Medienumfeld, so wie wir es jetzt haben, ohnehin schon eine gewaltige Aufgabe. Wir werden den Weg fortsetzen, den die APA schon in den letzten Jahren erfolgreich gegangen ist: ihre genossenschaftlichen Dienstleistungen auszuweiten. Wir sind als Genossenschafter in der Lage, mit sehr vielen Medien enge Verbindungen zu haben, und sehen unsere Rolle darin, die gesamte Medienlandschaft Österreichs zu unterstützen. Mit Dienstleistungen, die nicht unmittelbar zum redaktionellen Kerngeschäft gehören, sondern die ausgelagert und von einem Partner übernommen werden können. Es geht darum, Synergien zu finden, gemeinsam Dinge effizienter und kostengünstiger zu bewältigen und so ein gutes Investment für unsere Eigentümer zu sein.

Die APA betätigt sich auch international. – Welchen Fokus legen Sie auf dieses Thema? 

Die APA ist traditionell am deutschsprachigen Markt stärker interessiert als an anderen Märkten. Wir betreiben in Deutschland gemeinsam mit der dpa ein Tochterunternehmen, das sich mit dem Thema „digitales Publizieren“ beschäftigt. In der Schweiz haben wir eine 50-prozentige Beteiligung an der größten nationalen Bildagentur, die anderen 50 Prozent hält die sda. Damit haben wir dort einen großen Startvorteil und natürlich gute Verbindungen in die jeweilige Medienszene. Den Schweizer Markt weiter erschlossen zu haben, ist auch ein Punkt, den wir in der Rückschau gerne erledigt haben möchten.

Welcher Aufgabe wollen Sie sich persönlich ganz besonders widmen?

Persönlich ist es mir ein Anliegen, als APA weiterhin ein guter und interessanter Arbeitgeber zu sein. Dazu gehört auch, ein attraktives Weiterbildungsangebot für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen, ein Anziehungspunkt für junge Talente zu sein – beides werden wir brauchen: arrivierte, gut ausgebildete Kolleginnen und Kollegen gleichermaßen wie junge, frische Leute, die gern bei uns arbeiten.

Wie unterscheiden sich die Anforderungen von jenen Ihrer früheren Führungspositionen?

Es gibt doch erhebliche Unterschiede, der relevanteste ist sicher die Größe der Aufgabe. Das, was ich vorher aus der spezifischen Sicht eines Tochterunternehmens gekannt habe, sehe ich jetzt aus der entgegengesetzten Perspektive. Es sind in Wahrheit zwei Seiten der gleichen Medaille. Hier, auf der Konzernebene, ist es in dieser Form eine deutlich größere Aufgabe, es ist doch ein anderer und viel umfangreicherer Verantwortungsbereich.
Vielfalt und Größe sind die relevanten Unterschiede, die Tätigkeiten und Prozesse sind in vielen Fällen aber ähnlich.

APA-OTS ist von ihrer Positionierung die eigenständigste Tochter – nun sind Sie in der Zentrale. Fällt Ihnen die neue Sichtweise schwer?

Der Abschied von APA-OTS war wirklich kein leichter, auch aus persönlichen Gründen, weil ich mich dort sehr wohl gefühlt habe. Ich mochte und mag die Kollegenschaft und die ganze Struktur der OTS, die ich auch sehr als „meines“ empfunden habe. Ich hatte einfach auch in APA-OTS die Möglichkeit und die Notwendigkeit, selbst zu entscheiden … Aber gerade wenn man Unabhängigkeit gewohnt ist, fällt es leichter, Entscheidungen zu treffen. Viele dieser Erfahrungen und Learnings kommen mir jetzt zugute.

Sie sehen es also als Vorteil?

Ja, es ist auf jeden Fall ein Vorteil, auch die OTS ist ein Unternehmen mit einer sehr breiten Themenstellung, diesen Blick auf eine vielfältige Aufgabenstellung kenne ich also schon lang. Auch der Entscheidungsspielraum in der OTS war schon sehr gut bemessen – das finde ich hier noch einmal in deutlich größerer Umgebung vor. Überrascht bin ich also keinesfalls, es sind durchaus vertraute Abläufe und Themen, und ich habe den Wechsel keine Sekunde lang bereut.

 

Dieses Interview erschien ursprünglich im APA-Value 3/2016

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