24.09.2013 | 3:36 PM | Kategorie:
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Virtuelle Trauerräume

Mitgefühl zeigt sich nicht nur, aber immer stärker, im Web und auf Social-Media-Kanälen – Trauerarbeit 2.0.

Meine ehemalige Kindergartentante ist voriges Jahr plötzlich an Krebs verstorben. Tante Moni hat vermutlich ihr Leben lang nie im Internet gesurft. Die Trauer über ihren Verlust spielt sich dennoch zu einem großen Teil im Web ab. Seitenweise erzählen Kindergartenkinder der 80’er Jahre wie sie „ihre Tante Moni“ erlebt haben und wie sehr sie mit den Hinterbliebenen mitfühlen. Geschichten, die ihre eigenen Kinder berühren werden und die ihnen niemand mehr wegnehmen kann. Da es sich im Web leichter Anteilnehmen lässt als von Angesicht zu Angesicht, ist die Zahl der Beileidsbekundungen oftmals überwältigend. Nicht jeder, der online sein Beileid kundtut, hätte dies offline auch getan. Warum? Weil wir einfach nicht wissen wie.

Es gibt kein schlimmeres Gefühl als der Verlust eines Menschen, mit dem man verbunden war. Diejenigen, die in dieser Situation ein Beistand sein wollen, sind in einer ständigen Zwickmühle zwischen Zurückhaltung und sich Raushalten. Jedes Wort könnte ein Fettnäpfchen sein, jede Träne den Trauernden noch weiter hinunterziehen. Das Thema Tod halten wir normalerweise so gut es geht aus unseren Gedanken heraus. Die Geburt gehört für uns zum Leben dazu, das Sterben nicht. Kein Wunder, dass wir uns so schwer tun angemessen und natürlich darauf zu reagieren.

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Wie sich also verhalten, wenn jemand einen geliebten Menschen verliert? Welche Worte aussprechen, welche lieber nicht? Den Trauernden umarmen oder Distanz wahren um der Trauer Raum zu geben? Aktiv seine Hilfe anbieten oder darauf warten, dass Gesellschaft ausdrücklich gewünscht wird? Und wie überhaupt Hilfe geben, wenn in dem Moment doch alles so hoffnungslos erscheint? Echtes, ehrliches Mitgefühl zu zeigen, das auch als solches ankommt, fällt schwer.

Aus Liebe zum Menschen – auch online
Als hätte es mit uns gelitten, kommt uns das Web in unserem Unvermögen entgegen und bietet eine Reihe an Möglichkeiten Mitgefühl auszudrücken, ohne dass wir unser sicheres zu Hause verlassen müssen. Nicht nur der eigene Nachlass kann mittlerweile online erledigt werden, – auch Kondolenz und Erinnern sind webfähig geworden. Bestatter stellen die Parten der Verstorbenen online und geben virtuellen Raum für echte Trauer. So können personalisierte Kerzen angezündet, Gedichte niedergeschrieben und Anekdoten erzählt werden. Die Hinterbliebenen können den Zeitpunkt wählen, an dem sie diese Nachrichten lesen wollen. Das Mitgefühl dosieren sie selbst – über Tage, Wochen, auf manchen Facebook-Gedenkseiten oder Blogs sogar über Jahre.

Die rund 70.000 Mitarbeiter des Österreichischen Roten Kreuzes arbeiten aus Liebe zum Menschen. Sie retten Leben, müssen aber auch Verluste hinnehmen. Sie verlieren Patienten und manchmal auch Kollegen. Krankheiten, Unfälle oder andere unvorhersehbare Ereignisse machen auch vor den Helfern und Helferinnen nicht Halt. Menschen in sozialen Berufen haben gelernt mit dem Tod zu leben, ihr Mitgefühl ist auch im Netz spürbar. Das haben wir kürzlich spüren dürfen (und müssen) als neben drei Polizisten auch ein langjähriger Rotkreuz-Kollege während eines Einsatzes ermordet worden ist. Er war vor Ort um einem verwundeten Polizisten zu helfen und wurde zur Zielscheibe eines Amokläufers.

Menschlichkeit bis zum Schluss
Wenn jemand aus der Rotkreuz-Familie aus dem Leben gerissen wird, spiegelt sich der Zusammenhalt aus der Realität auch auf Facebook wieder. Ob gemeinsame Erlebnisse, Fotos, Gedichte oder ein einfaches Beileid – Aus Liebe zum Menschen leben die Rotkreuz-Mitarbeiter und die Freunde der Organisation. Egal wie schmerzhaft. Tag für Tag.

https://www.facebook.com/roteskreuzat

26. September 2013, 03:05

Also von einer solchen Art der Nutzung des Internets habe ich bisher noch nicht wirklich gehört. Ich kann mich nur erinnern, dass damals beim Anschalg auf WTC in New York auch schon einige ihre Gedanken und Trauer via Internet mitgeteilt haben. Aber das war auch ein Ereignis, dass die ganze Welt mitbekommen hat. Aber von einem so lokalen Ereignis, wie dem Tod einer Kindergärtnerin, habe ich bisher noch nciht erfahren.

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