12.10.2017 | 10:07 AM | Kategorie:
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Vergesst Storytelling!

Buchstaben Schreibmaschine

Da steh‘ ich nun seit geraumer Zeit zwei- bis dreimal pro Jahr in Wien, in der Laimgrubengasse 10, bei der APA, und erzähle übers Erzählen. Übers Geschichtenerzählen, Storytelling. In der Unternehmenskommunikation. Im Marketing. Im Bewegtbild. Im Leben.

Und wie das so ist, wenn man immer wieder Ähnliches erzählt, zwar vor neuem Publikum, aber dennoch immer Ähnliches: Entweder es wird zur Routine … oder aber, man beginnt, kritisch das Erzählte zu hinterfragen.

Ob das alles tatsächlich noch so stimmt, was man da erzählt?

Dass Geschichten die Währung menschlichen Kontakts sind.

Dass das menschliche Hirn in Bildern denkt, nicht in Zahlen und Fakten, und dass diese oft nur Beruhigungsmittel sind, um Bauchentscheidungen zu rechtfertigen.

Dass es ureigenste Aufgabe der Unternehmenskommunikation (zu dem und nicht von dem getrennt das Marketing gehört) ist, Gefühle zu verkaufen, und keine Produkte.

Dass diese Gefühle im sozialmedial-kommunikativen Miteinander des 21. Jahrhunderts immer wichtiger werden, gerade für Unternehmen, deren Angebote allein keinen Alleinstellungscharakter mehr haben.

Dass Content mehr mit Zufriedenheit zu tun, als mit Inhalt.

Dass Storys mehr sind als Content, weil sie genau dieses Gefühl hervorzurufen imstande sind, im Guten wie im Bösen. Dass sie schon seit jeher demselben Muster folgen, einem festen Storycodex, 1:1 übertragbar von Homer bis zum Weihnachtsspot von Edeka.

Dass es echte Menschen sein müssen, mit ihren echten Geschichten, denen Unternehmen die Bühne bereiten müssen, um glaubhaft, authentisch, nachvollzieh- und nachprüfbar zu bleiben.

Dass Video das schlichtweg geeignetste Medium dafür ist, seitdem Hollywood das Theater als Emotionalisierer der Massen abgelöst hat.

Und so weiter und so fort.

Alles richtig, nach wie vor, und immer mehr. Nur … reicht das noch?

Storytelling für Anspruchsvolle?

Ist der von vielen despektierliche User oder Konsument genannte Mensch heute nicht um ein Wesentliches versierter, gebildeter, und anspruchsvoller geworden? Wollen sie vielleicht mehr als nur Leser, Zuhörerin, Zuschauer selbst der besten Geschichten sein, die sie nun sogar liken und kommentieren dürfen? (Und gilt das vielleicht auch für mein Publikum?)

Diese Menschen erleben spannende, überraschende Geschichten mit Produkten, Dienstleistungen, Mitarbeitern, und möchten davon erzählen, auf ihre Art. Dieses Publikum möchte nicht mehr nur Rezipient, Konsument und Lemming sein, sondern Produzent, Prosument und spielregelverändernder Punk, geschichte(n)mitschreibender Autor – an den einzelnen Geschichten einer Marke, aber auch an deren gesamter Geschichte und Zukunft. Love Brand, Trust Brand, alles kalter Kaffee? Werden unsere künftigen Publika vielleicht Brand Owner sein, und das mehr im inhaltlich-emotionalen Sinne als im finanziellen? Werden sie die neuen Brand-Stifter unserer Markenexistenz?

Loslassen und Co-Creation zulassen

Das sind natürlich grundsätzlich bekannte Fragen, und dieser Denkansatz firmiert seit langem unter dem Namen Co-Creation, also nichts Neues, aber zukünftig sicherlich erfolgsversprechend oder vielleicht mehr noch: überlebensnotwendig? Als Unternehmen loslassen, anderen nur mehr Impulse und Ideen für Geschichten rund um die eigene Marke geben, der Kreativität freien Lauf lassen und diese Freiheit dann doch zielgerichtet zum Teil der eigenen Markengeschichte machen. Loslassen als Kern des Konzepts der eigenen Markenkommunikation – und somit auch all der Vehikel und Medien, derer sie sich bedient, um verständlich zu machen, warum ein Unternehmen existiert, warum ich ihm vertrauen und bei ihm kaufen soll. Das Ergebnis könnten nicht nur andere, überraschendere Geschichten sein, sondern langfristig auch Menschen, die eine Marke nicht (nur) lieben, weil sie deren Produkte oder mediale Präsenz mögen, sondern weil sie diese selbst mit erschaffen oder weiterentwickelt haben. Somit auch Storytelling vergessen, die Unternehmenskanzel verlassen und Story Co-Creation zulassen.

Das sind also die Gedanken, die einem so kommen, wenn man Routine verhindern und über den eigenen Tellerrand hinausschauen will? Aber interessant…

Food for my own thoughts bei meinem nächsten Auftritt auf der APA-Campus-Bühne am 30. Januar 2018 in Salzburg

 

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