03.06.2008 | 9:51 AM | Kategorie:
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Früher hätt’s das nicht gegeben …

Es war einmal – vor langer, langer Zeit – als Österreich das Rundfunkzeitalter des Sendemonopols erst kurz hinter sich gelassen hatte, …

Da waren der ORF und die privaten Rundfunkanbieter einander nicht gerade „grün“. Da deckten einander die öffentlich-rechtliche und die private Hälfte des Äthers gegenseitig mit Klagen ein (… gut, das kann es in punkto Wettbewerbsrecht natürlich immer wieder geben.) Da wurden Mikrofonemblems von Privatsendern in den abendlichen TV-Nachrichten millimetergenau ausgeblendet. Da wurde die Sichtung von Audio-PR-Material mit dem Hinweis abgelehnt, man wisse schon selbst immer noch am besten, wo eine Geschichte zu holen sei, die die Hörer interessiere. Da wurde das Führen von Hörfunkinterviews davon abhängig gemacht, dass die besprochenen Inhalte dem redaktionellen Wettbewerber gefälligst vorenthalten bleiben mußten. Ein Anspruch, der von ORF-Mitarbeitern naturgemäß öfter gestellt wurde als von Privatradiomitarbeitern.

„Kalter Radio-Krieg“ von einst

 

Ach ja – apropos Mitarbeiter: In dieser „grauen Vorzeit“ hatten junge, hoffnungsfrohe Radiotalente ihre Chance auf einen ORF-Arbeitsplatz verwirkt, wenn sie zunächst bei Privaten anheuerten. „Denn das, was man dort mache“, so die Begründung aus ORF-Spitzenkreisen, „könne man ja nicht gerade als Radio-Ausbildung bezeichnen.“ Andererseits wiederum fielen selbst erfolgreiche ORF-Mitarbeiter in Ungnade bei ihrem staatlichen Arbeitgeber, wenn sie versuchten „Entwicklungshilfe“ zu leisten und einen Privatradiojob annahmen. Die Rückkehr in den ORF galt praktisch als ausgeschlossen.

„Neue Nachbarschaftspolitik“ von heute

 

Und heute? Nach zehn Jahren flächendeckendem Privatradio in Österreich scheint doch eine Ära von „Glasnost“ angebrochen zu sein, die uns zusehends in einen Zustand europäischer Normalität und irgenwann vielleicht zu einem echten dualen Rundfunksystem mit unterschiedlich schattierter Redaktionslandschaft führt. Zumindest häufen sich die Anzeichen dafür. Bei der alljährlichen Radio-Award-Verleihung des größten privaten Vermarkters RMS Austria schafft es ein Spot für die grüne ORF-Digitalkarte (!) und Premiere Austria unter Top 3 der impactstärksten Werbespots, die im Privatradio (!) gelaufen sind. Audio-PR ist längst ein bei Privatradios wie ORF-Redaktionen anerkannter und geschätzer Service. Im Rahmen der monatlichen Audio-PR-Plattform „Treffpunkt Radio“ tauschen Privatradioleute und ORF-Macher einander aus. Im ORF-TV-Magazin „Thema“ ist es normal, wenn eine Passantin im Interview davon erzählt, über einen Mord in der Nachbarschaft zuerst auf Radio Arabella gehört zu haben. Und ORF-Moderatorin Eva Pölzl (Wie bitte?) macht sich im Profil-Interview Ausgabe 20/2008 auf ihre Hörgewohnheiten einen Reim, wenn Sie sagt: „Ich hör‘ alles von Ö3 bis Superfly“. Dass Ö3 mit Georg Spatt bereits seit dem Jahr 2002 einen Privatradio-Pionier der ersten Stunde mit beruflichen Vergangenheit bei Antenne Austria und Radio CD zum Chef hat, scheint fast logisch. Aber früher – früher hätt’s das nicht gegeben …

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