09.03.2017 | 11:35 AM | Kategorie:
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Was hilft gegen Echokammer und Filterblasen?

Expertendiskussion: Filterblase und Echokammer

Filterblasen oder Echokammern, die die eigenen Meinungen drinnen und die anderen draußen halten, sind kein neues Phänomen, doch ihre Ausmaße und Auswirkungen scheinen so groß wie nie. Vor allem Medien und Kommunikation stehen dadurch vor neuen Herausforderungen. Über Wege in und aus Filterblasen diskutierten Expertinnen und Experten aus Medien, Kommunikation und Wissenschaft beim OTSconnect-Frühstück im Radiokulturhaus in Wien.

Wie Algorithmen Filterblasen schaffen

Für die Digitalstrategin Lena Doppel, Fonda Interaktive Medien und Kommunikation, sind Echokammern und Filterblasen keine neuen, durchaus aber unterschiedliche Phänomene. Während sich in Echokammern Meinungen oft unkritisch im Kreis drehen, wird in Filterblasen nur das hineingelassen, was dem eigenen Weltbild entspricht. „Was früher am Wirtshaustisch Thema war, wird jetzt öffentlich diskutiert, durch die Technologie sind diese Filterblasen sichtbar geworden, vor allem die fremden.“

Die Bundespräsidentschaftswahl in Österreich war für Stefan Kaltenbrunner, Chefredakteur kurier.at, jenes Ereignis, bei dem er das Thema Filterblasen erstmals „öffentlich aufpoppen“ sah.  „Während des Wahlkampfes sprach man übertrieben von einer Spaltung der Gesellschaft. Für Medien ist es wichtig, zu wissen, wie ihre Inhalte ausgespielt und wie ihre Daten verwendet werden. Wir wollen transparent sehen, wie diese Algorithmen entstehen, damit wir das auch einordnen können.“

Julia Neidhardt von der Fakultät der Informatik der TU Wien meint zur Systematik derartiger Systeme: „Filter selektieren Informationen nicht nur inhaltlich, sondern auch örtlich. Das Ziel ist, möglichst relevante Empfehlungen an den User auszuspielen. Nur leider liegen diese Empfehlungstools oft falsch.“ Dass Algorithmen auch nach hinten losgehen können, meint auch Lena Doppel, denn „wer alles liked, was gefällt und kommentiert, was unangenehm ist, erhält mehr davon, was ihn ärgert oder irritiert – und zwar deshalb, weil Kommentare stärker bewertet werden als Likes. Nicht die Algorithmen selbst sind böse, sie erkennen nur keine Fake News.“

Transparenz und Medienkompetenz als Lösung

Im Ausbau der Medienkompetenz, vor allem im schulischen Bereich, läge laut Podiumsdiskutanten ein wichtiger Ansatz. „Dazu müsse man Experten einsetzen, da es vielen Lehrern an Erfahrung fehlt“, sagt Kaltenbrunner. Doppel spricht sich im Sinne der Medienbildung dafür aus, sich stärker mit den Funktionen auseinanderzusetzen und öfter in fremde Filterblasen einzutauchen. „Wir brauchen Tools, die uns mehrere Ökosysteme zeigen.“

Neidhardt sieht den Weg aus den Filterblasen in erster Linie über „einen reflektierten Umgang mit der Information, die ich angezeigt bekomme. Unser Bewusstsein muss dahingehend geschärft werden, dass ich erkennen kann, dass ich mich in einer Filterblase befinde.“  Ebenso müssten Algorithmen so programmiert werden, dass auch eine Sicht auf andere Inhalte zugelassen wird“, fordert die Wissenschafterin.

Kaltenbrunner verweist zudem auf Redaktionsstatuten und das Mediengesetz, dem Soziale Netzwerke nicht unterliegen. „Facebook kann Informationen publizieren, die sich Medien nicht erlauben können, das kann auf Dauer nicht funktionieren.“ Der Onlineprofi sieht für traditionelle Medien eine große Chance, sich auf ihre ureigenen Aufgaben zu konzentrieren, die des verantwortungsvollen Journalismus. „Wir müssen das Vertrauen unserer Leser durch ordentlich geprüfte und gegengecheckte Information aufrechterhalten.“

Was die Mächtigkeit der Systeme betrifft, plädiert Doppel dafür, „auf dem Boden der Realität zu bleiben. Algorithmen erkennen nämlich nach wie vor nicht, ob etwas positiv oder negativ gemeint ist.  „Wenn ich über Burkas diskutiere, erhalte ich immer noch Werbung für Burkas.“

Impressionen der #otsconnect

Die gesamte Veranstaltung kann nachgehört werden unter: service.ots.at/otsconnect

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