09.05.2018 | 10:45 AM | Kategorie:
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Gut gebrieft, Löwe: Fünf klassische Briefingfallen und wie Sie diese umgehen

Schlechtes Briefing ist laut einer Umfrage der dpa-Tochter news aktuell der drittgrößte Zeitfresser in der PR. So geben 43 Prozent von den im Rahmen des PR-Trendmonitors befragten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren an, dass ihnen unzureichendes Briefing zu schaffen macht. Platz zwei belegt mit 44 Prozent die unklare Zieldefinition, auf Platz eins finden sich mit 59 Prozent zu häufige Abstimmungsschleifen.

Zieht man in Betracht, dass auch die beiden Spitzenreiter – ausufernde Abstimmungsprozesse und unklare Zieldefinitionen – zumindest partiell Ergebnis oder Teil eines mangelhaften Briefings sind, kommt diesem Faktor eine noch größere Bedeutung zu.

Unpräzises oder unvollständiges Briefing kostet also Zeit und damit Geld. Mehr noch: Wenn Kommunikationsprojekte nicht das gewünschte Ergebnis bringen oder schon auf halbem Weg scheitern, dann liegt das oftmals an schlechtem Briefing.

Warum aber wird gerade auf diesen Part im Kommunikationsprozess so häufig zu geringes Augenmerk gelegt? Aus meiner PR-Erfahrung sowohl auf Kunden- als auch auf Agenturseite ist der Hauptgrund, dass die Rolle des Briefings in einem Kommunikationsprojekt vielfach unterschätzt wird.

Die häufigsten Fehler:

  1. Das Briefing des Auftraggebers ist schwammig und ungenau.
  2. Das Briefing des Auftraggebers ist zu umständlich und zu detailliert.
  3. Der Auftragnehmer hört nicht richtig zu.
  4. Der Auftragnehmer fragt nicht nach.
  5. Beide präsentieren Lösungen und Ideen, wie etwas umzusetzen ist, bevor über klare Zielsetzungen und Rahmenbedingungen gesprochen wurde.

Das „Stille Post“-Syndrom

Zugespitzt formuliert erinnern Kommunikationsprojekte und deren Ergebnisse zuweilen an das Kinderspiel „Stille Post“. Dabei stellen sich die Teilnehmer in einer Reihe oder im Kreis auf. Das erste Kind denkt sich einen Begriff oder einen Satz aus und flüstert ihn dem nächsten ins Ohr. Das Spiel wird fortgesetzt, bis der letzte Teilnehmer in der Abfolge die Botschaft laut ausspricht. Selten kommt das heraus, was das erste Kind gesagt hat. Je mehr das Endergebnis vom ursprünglichen Text abweicht, desto größer ist das Gelächter.

In der PR-Praxis hält sich das Gaudium allerdings in Grenzen, wenn der Kunde unzufrieden ist, Projekte abgebrochen werden und die Agentur im schlimmsten Fall geschasst wird. Um dies zu vermeiden, gilt es aus meiner Sicht folgende fünf Grundregeln zu beherzigen:

  1. Keep it clear

Um beim „Stille Post“-Spiel zu bleiben: Die Crux, wenn man so will, beginnt damit, dass geflüstert und genuschelt wird, anstatt klar und deutlich zu sprechen. Beim Briefing geht es aber genau darum: Klar und strukturiert die Zielsetzungen und Erwartungshaltungen zu formulieren.

Ebenso wichtig ist es, die Rahmenbedingungen von vorneherein anzusprechen: Wie sieht das Marktumfeld aus? Welche externen und internen Faktoren sind zu berücksichtigen? Von welchem Budget reden wir?

Gerade beim letzten Punkt herrscht oft große Scheu auf Kundenseite und teilweise auch auf Agenturseite, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Die Erfahrung zeigt jedoch: Ein frühzeitig genannter Budgetrahmen (es muss ja nicht auf den Cent genau sein), erspart auf beiden Seiten Zeit, Enttäuschung und letztendlich auch Geld.

  1. Keep it simple

Auch hier passt der Vergleich mit dem „Stille Post“-Spiel: Wer würde sich dabei mit simplen Begriffen wie Vater, Mutter, Hund oder Katze begnügen? Da muss mindestens ein zusammengesetzter Begriff mit vielen Silben oder ein verschachtelter Satz her, um es den anderen möglichst schwer zu machen. Es hängt natürlich auch vom Alter und Wortschatz des jeweiligen Kindes ab, aber auch jüngere können da ganz schön einfallsreich sein.

In einem guten Briefing hat eine solche Einstellung nichts verloren. Es geht ja nicht darum, den Auftragnehmer zu verwirren, sondern ihn mit jenen Informationen auszustatten, die er benötigt, um gute Konzepte vorzulegen und die gewünschten Zielsetzungen zu erreichen.

Wichtig ist hier vor allem, die Kernbotschaft klar, deutlich und verständlich auf den Punkt zu bringen. Zu viele Details können hier sogar kontraproduktiv sein. Denn sie sind oftmals für die Konzeption gar nicht verwertbar und hemmen zudem die Kreativität.

  1. Listen to learn, not to reply

„Most people do not listen with the intent to understand. Most people listen with the intent to reply.“

Man muss die religiösen Überzeugungen des Autors Stephen R. Covey nicht teilen, um seiner hier zitierten Beobachtung einiges abzugewinnen. Gerade in Briefingsituationen kann es fatale Folgen haben, wenn der Auftragnehmer nicht richtig zuhört und ihm stattdessen viel mehr daran gelegen ist, sich selbst zu positionieren. Das mag den Kunden anfänglich beeindrucken, aber abgerechnet wird bekanntlich am Schluss.

Für den Auftragnehmer bedeutet dies daher: Mit offenem Ohr und dem ehrlichen Wunsch, so viel wie möglich zu erfahren, in das Briefinggespräch hinein zu gehen. Vorabrecherchen über den Kunden und das Marktumfeld gehören zu den Hausaufgaben, eine Checkliste mit vorbereiteten Fragen ebenso.

  1. Keine Scheu vor Fragen

„Wer fragt, ist ein Narr für eine Minute. Wer nicht fragt, ist ein Narr sein Leben lang.“

Das Zitat von Konfuzius könnte geradezu als Leitmotiv für Briefinggespräche dienen. Denn es kann durchaus vorkommen, dass der Auftraggeber eine berechtigte Frage mit einem milden Lächeln oder einer ironischen Bemerkung abtut. Als Fragesteller fühlt man sich da einen Moment lang tatsächlich wie ein Narr.

In einer solchen Situation sollte man sich allerdings weder durch Gesten noch durch Worte beirren lassen, sondern höflich erklären, warum man diese Frage stellt und was man damit bezweckt. In den allermeisten Fällen erhält man dann eine Antwort, die entscheidende Informationen für die Konzeption liefert.

  1. Vorsicht vor zu raschen Lösungen

Es hat schon etwas Verführerisches: Das Briefinggespräch läuft wie geschmiert und als Auftragnehmer schweben einem schon die kreativsten Lösungen vor. Die legt man dann auch gleich auf den Tisch bzw. skizziert sie wortreich.

Doch hier ist Zurückhaltung geboten: Denn erstens verkauft man sich unter Wert, wenn man Ideen zu früh präsentiert. Darüber hinaus besteht die große Gefahr, sich durch das eigene Expertenwissen die Sicht zu vernebeln und vorschnell Lösungen anzubieten, die in Wahrheit am Thema vorbeigehen. Tatsächlich ist es zielführender, das Briefinggespräch für Fragen zu nutzen. Ideen und Umsetzungsvorschläge werden dann in einem Nachfolgemeeting präsentiert.

Auch Auftraggeber neigen zuweilen dazu, vorschnelle Lösungen parat zu haben. Wenn dem Kunden beispielsweise eine Pressekonferenz vorschwebt, ist zu hinterfragen, was er damit erreichen will. Vielleicht eignet sich ja ein Hintergrundgespräch wesentlich besser zur Zielerreichung. Entscheidend ist immer, zunächst die Zielsetzungen zu hinterfragen und danach die taktischen Maßnahmen zu erörtern – und nicht umgekehrt.

Fazit:

Briefing ist kein Kinderspiel, sondern der Beginn einer PR-Kampagne oder der Start einer Kommunikationsmaßnahme. Idealerweise erfolgt das Briefing von Auftraggeberseite her schriftlich und wird in einem anschließenden persönlichen Gespräch mit dem Auftragnehmer vertieft. Sollte es vonseiten des Auftraggebers keine Bereitschaft zu einem schriftlichen Briefing geben, empfiehlt es sich für die Agentur bzw. den Berater, die Ergebnisse des Gesprächs schriftlich festzuhalten und dem Kunden zu übermitteln.

Wer dennoch meint, Briefings auf die leichte Schulter nehmen zu können, dem sei die Herkunft des Begriffes in Erinnerung gerufen: Er kommt aus der Militärsprache und gibt die Tageslosung vor. Auch im Bereich des Gesundheitswesens, der Luftfahrt und beim Gerätetauchen kommt Briefing zum Einsatz. Doch auch wenn es in einem PR-Projekt – im Gegensatz zu den hier aufgezählten Anwendungsbeispielen – selten um Leben und Tod geht, ist es essenziell, dem Briefing im Kommunikationsprozess gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

 

Über die Autorin

Sigrid Neureiter ist Gründerin und Inhaberin der Agentur Dr. Neureiter-PR. Die gebürtige Salzburgerin studierte Germanistik und Publizistik in ihrer Heimatstadt. 1991 übersiedelte sie nach Wien und arbeitete als Redakteurin beim Wirtschaftsmagazin „New Business“. 1993 wechselte sie zur APA – Austria Presseagentur. Dort zeichnete sie für die APA-Journale und die PR sowie als Projektleiterin für den Aufbau des APA-Online-Pressespiegels (heute: DeFacto-Pressespiegel) verantwortlich. 1999 gründete sie ihre eigene PR-Agentur, die sie bis heute betreibt und laufend weiterentwickelt. Daneben ist sie als Autorin tätig.

 

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